Mittwoch, 30. Juli 2014

Moltebeere!

30.07.2014         9.20 -18.40
Sorsele - Arvidsjaur 86,3 km

Der Abend war gestern sehr schön und warm. Heute früh sah es ganz anders aus - grau und verregnet. Die Temperatur war auf 14º gefallen. Also musste ich mal wieder die Regensachen auspacken. Der Regen wechselte ständig zwischen Sprüh- und Starkregen. Damit nicht genug, böiger Wind und die Straße die reinste Achterbahn. Nach zehn Kilometern hatte ich mich mit dem Wetter angefreundet. Ja, das geht, man muss nur wollen!
Die Straße war nicht mein Freund. Bei einer anständigen Achterbahn wird man hoch gezogen und hat genug Schwung bis zum Ende. Ich hingegen musste sogar abwärts gegen den Wind antreten.




Unterwegs traf ich wieder zwei Eimerträger, diesmal komplett in Tarnanzügen mit polnischem Hoheitsabzeichen. Auch sie konnten mir den Namen der Beeren nur in ihrer Muttersprache sagen - also in einer Anhäufung von Zischlauten. Wenigstens stellten wir fest, dass ich letztes Jahr durch die Heimatstadt des einen gefahren bin. Wir verabschiedeten uns mit Handschlag.
Nach 30 Kilometern kam ich durch einen kleinen Ort - Slagnäs.
Ein Schild versprach Kaffee und Våfflor. Ich machte also einen kleinen Umweg durch den Ort und folgte den Hinweistafeln. Ich landete in einem kleinen Museumsdorf des Heimatvereins. Wie ich später erfuhr, wurden die alten Gebäude von verschiedenen Stellen der Umgebung hierher geschafft und wieder aufgebaut. Nach einigem Suchen fand ich eine nette Dame in der Küche. Schnell stellte sich heraus, dass sie deutsch sprach. Kein Wunder, ist sie doch vor fünf Jahren aus Stuttgart hierher gezogen.
Ursula konnte mir auch gleich erklären, dass die bewusste Beere die Moltebeere ist. Und zu Kaffee und Waffel bekam ich gleich noch Moltebeerkonfitüre zu kosten.



Die Männer mit den Eimern, die ich gestern gesehen hatte, waren wahrscheinlich Thailänder, die hier leider wie Sklaven arbeiten müssen und im Wald schlafen. Offensichtlich machen zwielichtige Gestalten daraus ein lukratives Geschäft.
Ursula konnte mir auch erklären, was Loppis wirklich bedeutet, den sie verwaltet einen dieser Flohmärkte.



Für sehr wenig Geld kann man dort Dinge kaufen, die andere nicht mehr brauchen. In Ansätzen gibt es ja sowas auch in Deutschland, aber hier scheint es ein richtiger Volkssport zu sein. Bei uns landet einfach zuviel im Müll, weil der Weg zu dem, der es brauchen könnte zu schwierig ist.
Wir haben noch über viele Dinge geredet und Ruckzuck waren zwei Stunden rum. Immer wieder kamen Gäste, um sich mit Waffeln und Kaffee versorgen zu lassen und so habe ich Ursula ganz vergessen zu fragen, wie sie und ihre Familie mit dem langen Winter zurecht kommen. Wir haben uns herzlich verabschiedet und sie empfahl mir noch, einige Meter weiter den Fluss zu besuchen. Am Fluss entlang sind Holzstege angelegt und man kann direkt "übers Wildwasser gehen".




Auf dem Parkplatz traf ich dann noch ein Ehepaar aus Mahlow, , dass mit dem Wohnmobil auf dem Heimweg war.

Der Plausch mit Ursula führte dazu, dass ich sehr spät auf dem Camp in Arvidsjaur ankam und es keine Alternative zum Zelten mehr gab.
Da der Himmel gegen Abend wieder aufgerissen war und sogar die Sonne rauskam, hatte ich damit kein Problem.
Mein Zelt sorgt immer wieder für Aufsehen, erstens weil kaum noch jemand zeltet (hier stehen im Moment vier Zelte und hunderte Caravans) und zweitens, weil es das absolut kleinste ist. So kam ich heute abend mit einem norwegischen Paar ins Gespräch. Als ich sagte, dass es nach meiner Wettervorhersage morgen wieder besser sein sollte, zog er sein Smartphone aus der Tasche, schaute drauf und sagte: Oh, das willst du jetzt gar nicht wissen!
Er zeigte mir dann doch noch die Vorhersagen - Wolken mit Strichlein dran - nachts und morgen ...
Na dann, gute Nacht!

Dienstag, 29. Juli 2014

Eisbeeren?

29.07.2014      9.00 - 16.00
Storuman - Sorsele   75,9 km 

Gestern abend gab es noch einen sehr schönen Sonnenuntergang, danach ging aber ein heftiges Gewitter über Storuman niedriger.




Zunächst schrieb ich im Servicehaus an meinem Blog, dann blieb mir nichts anderes übrig, als mich in mein Minizelt zurück zu ziehen und mit der Stirnlampe noch etwas zu lesen.
Auf ein weiteres Gespräch mit dem Radler aus Waren hatte ich keine Lust, da er ein ziemlicher Unsympath war.
Morgens war der ganze Zauber vorbei, nur recht kühl. Allerdings war es nicht ganz einfach, alles trocken und sauber wieder in den Packtaschen zu verstauen.
Zunächst fuhr ich zum ICA-Supermarkt, um mir noch ein paar frische Brötchen für die Reise zu kaufen. Viel war nicht im Angebot. Ich traf die Verkäuferin vom Vortag wieder und bedankte mich für den guten Tipp bezüglich des Aussichtspunktes. Dabei entdeckte ich noch einen Kaffeeautomaten und trank mal wieder einen Morgenkaffee.
Wieder auf der E45 war kaum Verkehr wahrnehmbar. Die Straße ähnelte mehr einer Landstraße in der lüneburger Heide als einer Europastraße, zumal mir mehrere deutsche Reisebusse entgegen kamen. Die waren bestimmt da, wo ich noch hin will.
Es ging auf und ab durch eine Moorlandschaft wie auf einem extra breiten Fahrradweg.




Zwischendurch wieder sehr schöne Seenlandschaften (ich glaube, diese Bilder lasse ich bald weg, es langweilig).




Kurz vor Blattnicksele ging ein Rehbock in aller Ruhe über die Straße. Wieder kein Elch - aber fotografieren (was für ein schönes, altertümliches Wort) konnte ich ihn auch nicht mehr. Wenig später tauchten asiatisch ausehende Männer mit Eimern auf, die offensichtlich irgend welche Beeren sammelten. Wir grüßten uns sehr freundlich und ich ärgerte mich kilometerlang, dass ich nicht angehalten habe, um der Sache auf den Grund zu gehen und vielleicht ein Foto zu machen. Ich glaube, es waren Sami, die Ureinwohner Lapplands. Sie sind inzwischen eine kleine Minderheit und wirken in ihrer Heimat seltsam exotisch.
Mein Ärger verflog, als ein junger pickliger Mann die Straße entlang lief und mit mir reden wollte. In holprigem Englisch erkundigte er sich, ob das die richtige Richtung nach Sorsele sei und wie weit es noch wäre. Sein Kumpel mit dem Auto hätte ihn im Stich gelassen und er müsse jetzt 10 km bis Sorsele zum Campingplatz gehen, weil kein Auto anhielte. Er ist Ukrainer, kann zwei Monate in Schweden bleiben und hofft, so erst mal der Rekrutierung zu entgehe. Er zeigte mir sein Sammelergebnis, brombeerähnlich, aber gelblich blass mit etwas Rotfärbung. Als ich ihn fragte, wie sie heißen, konnte er mir nur den ukrainischen Namen "Maroshka" sagen. Vielleicht weiß das jemand von den geneigten Lesern am anderen Ende des Internets genauer - ich glaube, die heißen Eisbeeren.
Jedenfalls musste er allein weiter laufen.
In Sorsele gibts ne Tankstelle, zwei Supermärkte, ein Asia-Imbiss und ein Hähnchen-Grill.
Und natürlich liegt das Vandrarhem an einem wunderschönen See.
Aber lassen wir das jetzt ...

Montag, 28. Juli 2014

Entschleunigung

28.07.2014 9.30 - 15.30
Vilhelmina - Storuman 70,6 km

Heute sollte es nur eine kurze Etappe werden. Ich muss noch wenigstens zwei Tage "abbauen". Das ist natürlich eine schwierige Angelegenheit. Bin ich zu großzügig und mir passiert noch etwas, wird es gleich wieder eng.
Auf dem hiesigen Campingplatz habe ich gerade mit einem Radler aus Waren an der Müritz gesprochen, dessen fast neuer Reifen sich gerade auflöst. Er hat in Storuman aber schon einen Händler entdeckt.

Nach zwei Übernachtungen musste ich erst mal die Hütte reinigen, abwaschen und das Fahrrad bepacken. Schon war es 9.30 Uhr.
Ich überlegte noch kurz, ob ich das im Straßengraben gefundene Schild "Fahrschüler" anbringe, aber das könnte zu Missverständnissen führen.




Los gings gleich mit ein paar größeren Hügeln. Der Himmel war bedeckt und es wehte mir eine leichte Briese ins Gesicht, also kein Grund für Schweißausbrüche. Der Verkehr wird hier immer schwächer und viele Kilometer weit gibt es keine Häuser oder wenigstens Briefkästen am Straßenrand.
Dagegen ist die Uckermark übervölkert.




Merkwürdigerweise habe ich das Gefühl, dass die wenigen Autofahrer hier aggressiver fahren. Möglicherweise herrscht hier oben eine andere Mentalität. In Deutschland tragen ja auch nicht alle Lederhosen.
Bei Gegenverkehr versuchen sich viele noch durchzuquetschen. Einer fuhr so dicht an mir vorbei, dass polnische Autofahrer vor Neid erblassen würden. Auch der Gegenverkehr wird schon mal auf den Randstreifen gedrückt. Ob dieses Wrack der Mahnung dienen soll, weiß ich nicht.




Unterwegs kehrte ich auf einem Campingplatz ein, um einen Kaffee zu trinken und etwas zu essen. Die Betreiberin war ziemlich ruppig - "Kaffeekanne steht auf dem Tisch, Sandwiches mach ich nicht mehr, lohnt sich nicht! " - aber trotzdem ganz ulkig. Es klärte sich auf, als sie mit ihrer Hilfskraft russisch sprach. Ich fragte sie, wo sie herkäme - aus Lettland. Immerhin konnte ich mich mit spasibo und doswidanja verabschieden.




In Storuman angekommen, baute ich auf dem Campingplatz mein Zelt auf.




Eigentlich hätte ich auch noch die 30 km bis zum nächsten Platz fahren können, aber ... siehe Titel. Was für mich zur Tagestour wurde, hat Dennis vorgestern mal eben abends noch an die 130 km bis Vilhelmina drangehängt. Chapeau!

Anschließend im Supermarkt hatte ich ein kleines Gespräch mit einer Verkäuferin. Sie empfahl mir dringend, Storuman von einer Ausichtsplattform auf dem Berg aus anzusehen. Sie beschrieb mir den Weg und ich fuhr mit meinen Einkäufen direkt dorthin, d.h. schob dorthin, denn es war extrem steil. Es hat sich aber gelohnt.




Weil mein Schwiegervater heute Geburtstag hat, muss ich hier mal seine sportliche Leistung würdigen. Anfang der 50er Jahre ist er mit einem klapprigen Fahrrad von Potsdam nach Leipzig gefahren. Das finde ich nach wie vor bewundernswert. In diesem Sinn nochmals alles Gute zum Geburtstag!

Sonntag, 27. Juli 2014

Zwei Wochen ...

So, die ersten 14 Tage sind vorbei, die halbe Strecke absolviert, wie sieht die Zwischenbilanz aus?

Das Wetter:
Ganz anders als gedacht, bis auf den ersten Regentag nur Sonnenschein bei 25-28 Grad. Fast schon zu warm zum Fahrradfahren. Kann aber wohl kaum so weiter gehen.

Die Schweden:
Sehr freundlich, rücksichtsvoll und hilfsbereit. Ich habe sie schon ins Herz geschlossen - sie mich hoffentlich auch!

Die Sprache:
Die Aussprache ist nicht einfach. Geschriebene Begriffe sind oft gut zu interpretieren. Mit der deutschen Rechtschreibung sollten die Schweden aber nicht so schlampig umgehen (Vandrarhem, Lanthandel).
Englisch funktioniert hier wirklich überall. Selbst sehr alte Leute können häufig gut englisch - jedenfalls besser als ich.

Die Verpflegung:
Supermärkte haben täglich geöffnet, an den Wochenenden mit leicht reduzierten Zeiten. Pizzerias gibts in jedem Nest. Die Brötchen sind nicht so mein Fall, ich habe im Supermarkt Baguettes entdeckt, die schmecken natürlich nicht wie in Paris, ähneln aber geschmacklich in etwa den gewohnten Brötchen. Ansonsten gibt es alles was man braucht.

Das Geld
In Form von Bargeld ist es fast überflüssig. Auch kleinste Beträge werden mit Kreditkarte bezahlt. Allerdings muss die Karte mit einem Chip ausgerüstet sein, denn die Authentifizierung erfolgt immer mit PIN, eine Unterschrift ist nicht vorgesehen. Ich muss sehen, dass ich die in Trelleborg abgehobenen Scheine rechtzeitig los werde.

Die Übernachtungen:
Die Möglichkeiten sind vielfältig. Campingplätze, Vandrarheme und Hütten gibt es bisher bei jeder größeren Siedlung. Dennis hat mir erzählt, dass er mit seinem Zelt immer irgendwo für lau übernachten kann. Dafür ist es sehr sinnvoll, mit den Leuten zu reden.

Die Fahrradstrecke:
Ein Fernwegenetz wie in vielen anderen Ländern gibt es hier nicht.
Radwege sind nur Fragmente und mangelhaft gekennzeichnet. Dafür sind die Straßen in sehr gutem Zustand und fast immer gut mit dem Fahrrad zu benutzen. Ausnahmen sind die gefürchteten Baustellen.

Die Landschaft:
Wird jetzt zunehmend eintöniger, aber immer wieder unterbrochen durch betörend schöne Seen.

Der Umweltschutz:
Müll wird eifrig getrennt. Andererseits ist mein Eindruck, dass man recht großzügig mit den Ressourcen umgeht.
Gestern sah ich an der Supermarktkasse eine junge Familie, die mal eben fünf Tragetaschen kaufte, nur um den Wochenendeinkauf bis zum Auto zu tragen. SUVs und andere große Autos werde hier sehr gern gefahren. Und vom Holzeinschlag ganz zu schweigen (siehe gestriger Beitrag).

Die Ausrüstung:
Mein Fahrrad macht keine Probleme. Ich habe alles mit, was ich benötige und bis jetzt auch noch nichts vergessen. Erst bei Kälte und Regen wird sich zeigen, ob ich wirklich an alles gedacht habe.

Der Zeitplan:
Es läuft besser als erwartet. Ich werde Mühe haben, meine Reservetage sinnvoll zu nutzen.
Die Gefahr, nach großer Ankündigung grandios zu scheitern, nimmt ab.

Die Reiseradler:
Da hatte ich mir deutlich mehr versprochen. Bis auf die Dänen ziemlich am Anfang und gestern mit Dennis hatte ich wenig Kontakt. Auch aus der Gegenrichtung kam sehr selten jemand. Das wird sich vermutlich Richtung Nordkap noch ändern.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden damit, wie die Reise bisher verläuft. Ich habe kaum noch Zweifel, das Nordkap auf zwei Rädern pünktlich zu erreichen.

In Ermangelung interessanter Objekte sieht es heute schlecht mit passenden Fotos aus. Deshalb gibt es hier nur ein Bild von meinem heutigen Abendessen "Soldaten - Erbsensuppe" ??? und wie ich nach deren Genuss aussah.





Samstag, 26. Juli 2014

Lappen weg!

26.07.2014 8.00 - 17.30
Strömsund - Vilhelmina 132 km

Nach einem kleinen Frühstück im Vandrarhem ging es zeitig los, um die morgendliche Kühle auszunutzen. Auf der E45 war nicht viel los . Inzwischen schienen die Norweger mit ihren Wohnmobilen in der Überzahl zu sein. Die Strecke war nicht besonders hügelig und ein kleines Windchen war eher angenehm kühl als störend.
Über weite Strecken ging es durch dünn besiedeltes Gebiet. Selbst die Briefkästen und Mülltonnen, die auf ein Haus irgendwo im Wald schließen lassen, wurden selten.

Der Wald sah leider oft sehr zerzaust aus. Dort wurde das Holz mit großen Maschinen, den Harvestern, "geerntet". Das Ergebnis sieht fürchterlich aus. Da kann kein Elch und kein Vogel mehr leben.




Die Stämme liegen anderswo und warten auf die Weiterverarbeitung zu Klopapier und anderen nützlichen Dingen.




Heute bin ich mehrmals von Motoradfahrern und Autofahrern gegrüßt worden. Ich fand das nett, gleichzeitig habe ich mich gefragt, ob Gote sowas auch machen würde! ?
So, jetzt aber zum heutigen Titel.
Ich bin jetzt nämlich in Lappland. Hier ist der Beweis - der orangefarbene Strich bin ich:





Kurz vorher hatte mir noch ein Baustellenschild Angst und Schrecken eingejagt. Zum Glück war aber ab der läppischen Grenze der Asphalt schon schwarz und fett aufgetragen, nur die Markierung fehlte noch.

Die Lappen sind natürlich weg, weil die Ureinwohner Lapplands Samen heißen, aber auch die habe ich nicht wissentlich gesehen.
Die Überschrift habe ich mir nur ausgedacht, um mich der Bildzeitung als Titelredakteur anzudienen.
Mein tagelang Fernradler-Kontaktmangel hatte heute endlich ein Ende. 20 km vor Vilhelmina überholte mich Dennis.Er ist auch schon ne Weile in Schweden unterwegs, allerdings bisher auf einer anderen Route. Er hat gerade sein Studium beendet und nutzt die Zeit bis zum Arbeitsbeginn für eine Fahrradtour durch Schweden und Norwegen.
Da er sich auch noch fachlich mit der Verbesserung des Fahrradverkehrs in Städten beschäftigt, gab es viel zu erzählen.
Damit verbunden war natürlich, dass wir viel nebeneinander fuhren und damit die so geduldigen Schweden etwas nervten. Obwohl der Verkehr sehr gering war, mussten wir uns einiges Hupen anhören.
Er hatte viel Interessantes zu erzählen und wir waren uns in vielen Dingen einig.
Dennis wollte heute noch rund 70 km draufpacken, also ca. 200 km fahren. Wahrscheinlich habe ich ihn schon aufgehalten, denn mir hat es heute gereicht.
Schon unterwegs hatte ich mich zu einem Ruhetag entschlossen, weil ich unbedingt die "Überstunden" abbauen muss. Inzwischen habe ich ja fast zwei Wochen durchgearbeitet und will keinen Ärger mit dem IHK-Personalrat haben.

Also habe ich auf dem Saiva Camping eine schlichte Hütte bezogen und reise erst Montag ab.




Ob ich morgen was schreibe, weiß ich noch nicht.

Freitag, 25. Juli 2014

Von Sund zu Sund

25.07.2014 8.15 - 15.45
Östersund - Strömsund 98 km

Der gemeine Schwede scheint eine Neigung zum späten Aufstehen zu haben. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass es hier um 22.00 noch richtig hell ist.

Um halb acht ist es noch überall ruhig. Kurz nach acht breche ich auf, nicht ohne vorher noch richtig Dampf abgelasse zu haben. Auf dem Beurteilungsbogen des Campingplatzes steht nichts Gutes über meine überteuerte miese Bude. Denen hab ich es aber gegeben!

Dank einer guten Beschreibung eines "Vorfahrers" ist der Weg durch die leeren Straßen zur E45 schnell gefunden.
Vorher geht es noch an den riesigen Parkplätzen des Östersund Skistadions vorbei. Alles sieht im Sommer irgendwie fehl am Platz aus.
Gleich danach geht's auch richtig den Berg hoch, damit die Pumpe auf Touren kommt. Die Straße ist jetzt nicht mehr ganz so gut, hier oben richtet sicher der Frost viel Schaden an.
Egal, hoffentlich fangen sie nicht gerade jetzt mit der Reparatur an.

Nach zwei Stunden sehe ich das Schild mit Gruselfaktor doch noch.




Zum Glück nur eine Brückenbaustelle mit Ampelschaltung!
Und dann endlich mein erster Elch:




Naja, war ja nur aus Holz.
Mit der Zeit wird die Strecke flacher, nur die Sonne knallt unbarmherzig auf die Straße runter und nirgends ist Schatten. Heute sollen es 27 Grad gewesen sein.
Hat sich von diesem Ortsnamen jemand für den Namen einer Eismarke inspirieren lassen?




Aufregendes ist heute nicht passiert. Die Besiedlung wird deutlich schwächer und der Autoverkehr lässt auch etwas nach. Heute habe ich zum ersten Mal ein Auto mit Potsdamer Kennzeichen gesehen.

Und schöne Seen sehe ich natürlich jeden Tag. Vor dem Vandrarhem kurz vor Strömsund liegt dieser hier rum:


Donnerstag, 24. Juli 2014

Kurze Tour mit kleinem Umweg

24.07.2014 9.00 - 16.00
Asarna - Östersund 79,6 km

In Erwartung einer nur achtzig Kilometer langen Tour ließ ich mir heute früh etwas Zeit für ein ausgiebiges Frühstück mit Kaffee.
Wie erwartet ging es auf der E45 immer hoch und runter, der Caravanverkehr war ziemlich groß. Aber wie üblich machten fast alle einen großen Bogen um mich. Selbst die nicht gerade als besonders rücksichtsvoll geltenden Berliner passten sich an.




Nur einmal drängelte sich ein Kleintransporter an einer Verkehrsinsel an mir vorbei, so dass ich fast im Kies gelandet wäre. Ein Blick aufs Nummernschild bewies, es waren keine Skandinavier. Du errätst  es, Sabina, verzeih mir!
Apropos Nummernschilder, ich kann mir noch keinen Reim darauf machen, nach welchem System die schwedischen vergeben werden. Meistens bestehen sie aus drei Buchstaben und einigen Ziffern. Niemals sieht man gleiche Buchstabenfolgen an einem Ort. Manchmal steht auf dem Nummernschild auch nur ein Name, "Anne" oder "Gustav". Langsam glaube ich, die Schweden haben Narrenfreiheit. Wahrscheinlich weiß es Wikipedia...
Zurück zur Tour. Es war sehr heiß heute, um die 26 Grad. Das könnt ihr euch im Süden gar nicht vorstellen
;-). Deshalb habe ich jetzt auch immer drei Liter Wasser bei mir. Pausen brauche ich nur zum Trinken, raus geht alles wieder über die Haut. Hier gibt's auch wieder Wartehäuschen, die spenden etwas Schatten.




Und unendlich viele schöne Seen - mit deren Bildern will ich euch aber nicht langweilen.

Zehn Kilometer vor Östersund war die E45 dann wieder ausgebaut und für Fahrradfahrer gesperrt. Deshalb folgte ich einem Radweg, der steil bergab bis ans Wasser führte. Irgendwann stand ich auf dem Gelände eines Hauses und die verschreckten Kinder versteckten sich schnell in Papas Auto.
War wohl nicht der richtige Weg. Also musste ich das Fahrrad steil bergauf über einen - na was wohl? richtig! - Schotterweg schieben.
Dann bin ich doch noch auf die richtige Spur gekommen und in Östersund gelandet. Hier kam ich direkt am Campingplatz vorbei und fragte nach einem Raum. Der war auch zu haben, stellte sich aber als weniger komfortabel als im Vandrarhem aber fast doppelt so teuer dar. Pech gehabt - zum Aufregen wegen einer Übernachtung habe ich keine Lust. Östersund ist ganz schön groß, hat einige sehr schöne Backsteingebäude und einen netten Hafen.
In einem chinesischen Restaurant habe ich gespeist, zwei Cola getrunken (wegen der Figur) und ein Glückskeks mit deutschsprachiger Verpackung erhalten.





Mal sehen, was drin ist!?




Aha.

So jetzt noch ein paar schöne Bilder von Östersund, dann geht's bald in die Heia!









A hard days night

23.07.2014 8.00-18.20
Los - Asarna 130 km

Morgens war ich als erster auf den Beinen. Die Mücken und Bremsen hatten noch nicht ausgeschlafen. Also schnell das Zelt verpackt, gefrühstückt und weg aus Los.

Mit dem Zelten habe ich nun alle möglichen Arten der Übernachtung ausprobiert.

Hier eine kleine Preisübersicht:

Zelten 150 SKr
B&B 450 SKr
Vandrarhem ab 250 SKr
Hotel ab 500 SKr
Hütte ab 350 Skr

Wobei natürlich beim B&B und beim Hotel das Frühstück dazugehört.

Gestern hatte ich gesehen, dass auf meinem Weg ein ICA-Supermarkt liegen sollte. Leider öffnete er erst um 10.00. Solange konnte ich nicht warten und hatte Glück, kurz darauf eine Bäckerei zu entdecken. Ich habe gleich fünf Brötchen und ein paar Zimtschnecken erworben. Als ich die nette Verkäuferin fragte, wie die Zimtschnecken auf schwedisch heißen, kam ein Wortungetüm aus ihrem Mund. Da werde ich wohl weiter darauf zeigen müssen...
Kurz darauf ging's heftig bergauf. Ruckzuck war ich auf 500m über NN und freute mich schon auf die Belohnung für die Plackerei.
Leider war da ein Baustellenschild und die Abfahrt wurde eine Quälerei.




Immer wieder hoffte ich, dass hinter der nächsten Kurve Schluss damit wäre. Und hinterm Horizont? Da ging's natürlich weiter, immer weiter. Ich machte mir ernsthaft Sorgen um die Reifen und die Taschenhalter. Und stürzen möchte man da auch nicht. Ganze 15 km ging das Gerüttele, wobei ich immer mal wieder die einzige etwas festgefahrene Spur für Autos frei machen musste. Falls ich bei einer guten Fee einen Wunsch frei hätte, wäre der völlig eindeutig: keine schwedischen Straßenbaustellen mehr auf dieser Tour!
Ansonsten gibt's vom heutigen Tag wenig zu berichten. Die Verzögerung durch die Baustelle war natürlich nicht aufzuholen und auf den ansonsten guten Straßen ging's immer bergauf und bergab, wie im richtigen Leben. Meist begleitet von gnadenlosem Sonnenschein, der bei mir sehr partielle Bräunung produziert. Die Fingerspitzen, die Schienbeine und die Falten am Handgelenk bleiben fast weiß, die Waden und die Arme sind schon ziemlich braun. Die Sonne kommt ja bei meiner Fahrtrichtung nur von den Seiten und von hinten.




Zum Schluss in Asarna hatte ich richtig Glück. Das Vandrarhem liegt zusammen mit einem Campingplatz direkt am Skicenter und da gibt's ne Gaststätte, wo ich mich mal wieder richtig satt essen und trinken konnte. Und das Beste ist, morgen ab 8.00 gibt's Frühstück mit Kaffee!




Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich heute kurz vor dem Ende der Etappe die 1000km-Marke überschritten. Das Bergfest steht nun bald bevor.

Mittwoch, 23. Juli 2014

Nichts los in Los

22.07.2014 9.00 - 16.00
Furudal - Los 84,8 km

Gestern abend war ich im einzigen Tankstellen-Supermarkt von Furudal noch Brötchen und Dosenfutter einkaufen, weil mir ein Blick auf die Karte sagte, dass ich fast nur durch sehr schwach besiedeltes Gebiet fahren werde. Die Straße war gut und der Verkehr nicht vorhanden. Es ging ständig auf und ab und ständig wurde vor dem Elch gewarnt. So sehr ich auch den Wald beobachtete, ich habe ihn nicht gesehen. Noch habe ich viele Tage Zeit, vielleicht klappt es noch mit dem Rendezvous mit Gevatter Elch.
Als am Straßenrand ein Landhandel auftauchte, bin ich sofort reingegangen um meine Essenvorräte aufzufrischen.
Nach einigem hin und her sagte die Kassierin: Wir können auch deutsch sprechen, ich komme aus Deutschland. Wie sich herausgestellte war sie von Beruf Lehrerin für Russisch und Englisch, wurde in Potsdam ausgebildet und wohnt seit acht Jahren in Schweden. Den November findet sie schwierig, aber der Winter mit dem vielen Schnee ist trotz der kurzen Tage wunderbar. Sie bestätigte mir auch, dass die Schweden den Sommer intensiver genießen als wir das tun.
Und weiter ging's auf der endlosen und leeren Straße. Manchmal dauerte es eine halbe Stunde, bis wieder mal ein Auto vorbei kam.




Fünfzehn Kilometern vor meinem Tagesziel lernte ich dann auch noch die von Fahrradfahrern gefürchteten Baustellen kennen. Dabei wird die Straße erst mal auf ganzer Breite aufgeraspelt, so dass eine Art grober Schotter übrig bleibt - zum Fahrradfahren sehr problematisch. Auf dem nächsten Stück war feiner Kies gewalzt und genässt worden - auch nicht besser, man versinkt darin. Teilweise musste ich mal wieder schieben und die Bremsen waren auch wieder mit dabei.
Können sich Bremsen eigentlich auch vegetarisch ernähren? So selten, wie in dieser Gegend blutgefülltes Fleisch in für Bremsen erreichbarer Form vorbei kommt, müssten die doch sonst alle verhungern. Oder reicht diesen Viechern ein Schluck von mir für zwei Wochen?
Unterwegs fiel mir noch ein Schild ins Auge - natürlich musste ich das speziell für Gote aufnehmen.




In Los angekommen, folgte ich einem Schild, auf dem Bed&Breakfast sowie Imbiss angeboten wurde.
Das Haus war sehr schön, B&B etwas teuer, aber ein kleiner Imbiss ist immer willkommen.
Die nette Hausherrin war Niederländerin und sprach auch deutsch. Komischerweise war sie ebenfalls Lehrerin und lebt seit sieben Jahren mit ihrer Familie hier. Sie schilderte mir ähnliches wie die Deutsche - die Winter mit dem vielen Schnee, der auch die ganze Zeit über liegen bleibt, wären sehr schön. Heimweh hat sie keins und ihr Sohn fühlt sich als Schwede. Als sie hörte, dass ich bis zum Nordkap fahren will, schlug sie mir vor, doch ein Stück mit dem Bus zu fahren, die nähmen auch Fahrräder mit.
Das musste ich natürlich energisch verweigern.
http://www.halsingegardlundbergs.com




Heute habe ich mein Zelt in Los auf dem Campingplatz aufgeschlagen. Mir schwant, dass ich das Camperleben erlernen muss, bevor es ernst wird. Es besteht wenig Zweifel, dass ich bald keine andere Wahl haben werde. Der Platz war nicht besetzt und ich konnte auch niemanden telefonisch erreichen. Deshalb hatte ich auch keinen Schlüssel für das Servicehaus. Drei Jungs, die gerade den Abwasch machten, waren so nett und warteten, bis ich geduscht hatte. Dann wurde wieder abgeschlossen.
Ein älterer aber leicht besoffener Herr kam angefahren und erzählte mir, dass seine Waschmaschine kaputt wäre und er deshalb einmal in der Woche eine Hütte mietet, damit er die Maschine des Campingplatzes nutzen kann. Sehr merkwürdig! Später wurde dann noch kassiert ind ich bekam den Schlüssel.

Die Bremsen auf dem Campingplatz waren äußerst lästig. Als die Sonne weg war, verschwanden auch die Bremsen. Dafür legten jetzt die Stechmücken richtig los.
Bei dieser Arbeitsteilung blieb mir nur übrig, mich ins Zelt zurück zu ziehen.
In Los ist sowenig los, dass ich erstmals seit Beginn der Tour kein Netz habe und erst später publizieren kann.



Montag, 21. Juli 2014

Allet jut!

21.07.2014 8.00 - 12.00
Rättvig - Furudal 40, 8 km

Gestern abend habe ich mich entschlossen, den großen Campingplatz wieder zu verlassen und ein Stück zum nächsten weiter zu fahren. Dort konnte ich morgens nicht mal einen Kaffee trinken. Also bin ich nochmal in den Ort gefahren, um zu frühstücken. Im Bäckerladen gab es leckere Zimtschnecken und Kaffee.
Etwas schräg: am Eingang musste man eine Nummer ziehen, obwohl nur eine Bedienung da war. Das habe ich natürlich nicht gesehen. Als der nächste Kunde kam, ist mir ein Licht aufgegangen. Er bemerkte es sofort und gab mir lächelnd seine Nummer. Sie sind immer sehr nett, diese Schweden!
Danach ging's wieder auf den Sattel. Auf einer ruhigen Nebenstraße konnte ich bei wenig Verkehr ganz entspannt über die Berge radeln.
Die Straße war gut, die wenigen Autofahrer rücksichtsvoll und ich konnte mich wieder auf die Umgebung einlassen. Das hat mir in den letzten Tagen sehr gefehlt.
Einfach sssöhn!





Unterwegs kam ich durch einige Siedlungen, an denen auch hier die Entwicklung nicht spurlos vorüber gegangen ist. Die häufigsten Schilder am Straßenrand till salu - zu verkaufen und Loppis - mein Wörterbuch sagt dazu Flohmarkt. Nach meinem Eindruck geht's mehr um den Verkauf von irgendwelchen gebrauchten Sachen von Privatpersonen.
In Ortschaften haben es die Briefträger von der schwedischen königlichen Post relativ einfach, aber an den Landstraßen ist es Kleckerkram.



Aber pfiffig wie sie sind, fahren sie mit Rechtslenkern, da brauchen sie nicht aussteigen. Die Autos sehen aber nicht so aus, als ob sie noch aus der Zeit stammen, als Schweden noch Linksverkehr hatte.

In Furudal angekommen finde ich den netten kleinen Campingplatz, ein freundlicher alter Herr vermietet mir ein kleines Häuschen zum halben Preis des vorherigen. 





Die Waschmaschine war auch gerade frei, Kaffee gibts an der Rezeption und frische Baguettes für morgen früh habe ich auch schon bestellt. Alles richtig gemacht, ich habe einen Ruhetag in schöner Umgebung und morgen eine nicht sehr lange Etappe.



Leider sind die Finnen aber auch schon da...















Sonntag, 20. Juli 2014

Heißer Ritt

20.07.2014 8.00 - 18.10
Grängesberg - Rättvig 126, 8 km

Heute früh ging's beizeiten los. Leider ohne Frühstück, denn sowas gibt's im Vandrarhem nicht.
Die Finnen hatten auch noch die Toiletten unbenutzbar gemacht. Also schnell weiter!
Supermärkte öffnen auch sonntags, aber erst um 10 Uhr. Zum Glück hatte ich noch etwas Essbares vom Vortag. Die Fernverkehrsstraße 50 war stark frequentiert und der Randstreifen war wieder sehr schmal. Einige Male versuchte ich, auf Fahrradwege auszuweichen, aber die führten immer wieder in die falsche Richtung oder hörten plötzlich ganz auf. Irgendwann habe ich das ganz aufgegeben und bin nur noch auf der Straße gefahren.
Auch wenn Fahrradfahren auf diesen Straßen nicht verboten ist, kann ich diese Route nicht weiterempfehlen.
Nach ungefähr 60 km musste ich auf die Straße 70 wechseln und hoffte, dass der Verkehr mit unzähligen Caravans endlich nachlassen würde.
Das war leider ein Irrtum, aber der Randstreifen war wenigstens wieder zwei Meter breit. Die Sonne brannte auch hier heftig und es ging ständig auf und ab.
Obwohl ich mir Mühe gab "im submaximalen Bereich" zu bleiben, war ich nach 100 km völlig fertig. Ich schleppte mich bis zu meinem Etappenziel über die Berge. Die Suche nach einer Unterkunft war ziemlich schwierig, weil Rättvig am Siljansee liegt und bei schwedischen Urlaubern hoch im Kurs steht.
Letztlich habe ich eine Hütte auf einem Campingplatz gemietet.
Nicht ideal für einen Waschtag.
Ich muss jetzt mal überlegen, ob ich morgen hier bleibe oder eine kurze Strecke weiterfahre. Jedenfalls brauche ich eine Pause.

Zum Schluss noch einige unkommentierte Bilder von der Strecke:







Ich bin jetzt schon nördlicher als der bekannte Wintersportort Falun.

Samstag, 19. Juli 2014

Nicht mein Tag

19.07.2014 9.00-18.20
Örebro-Grängesberg 106,4 km

Gestern abend war ja viel los auf dem Platz vor meinem Hotel. Direkt gegenüber war die Bar Havana bis 0 Uhr gut besucht. Muss ja ein Vermögen kosten, dort das Wochenende einzutrinken. Die Trunkenbolde waren aber sehr laut und lustig.
Getopt wurden sie aber eindeutig von einer Soundanlage in einem Auto, das in regelmäßigen Abständen den Platz umkreiste. Man ist ja einiges gewöhnt, aber der Lärm ging schon fast an die Schmerzgrenze. Hoffentlich hatte wenigstens der Fahrer Hörschutz auf den Ohren.
Trotzdem habe ich gut geschlafen. Frühstück gab's erst ab 8.00, danach Fahrrad aus dem ersten Stock heruntertragen und beladen - die Abfahrt verzögerte sich dann bis 9.00 Uhr, bisschen spät für die nächsten 100 km.
Leider fand ich die richtige Ausfahrt nach Norden auch erst nach einer Stadtrundfahrt ...
Nach einigen Kilometern auf der Landesstraße 50 musste ich auch schon wieder runter, das Schild mit dem durchgestrichenen Fahrrad war eindeutig. Dafür gab's dann auch einen halbwegs parallel verlaufenden Radweg. Dann war auch damit Schluss. Auf Sandwegen ging es kreuz und quer durch das Gelände. Ein Blick von der Brücke schreckte mich von der Rückkehr auf die Straße ab.




Ach ja, der Finger sollte eigentlich nicht drauf. Er zeigt aber wenigstens auf das einzige Auto. So leer war es aber selten. Jedenfalls war die Straße sehr autobahnähnlich ausgebaut.
Auf meinem Umweg habe ich mich ständig verfahren, schließlich habe ich mich von Google Maps zurück an die Straße lotsen lassen. Da war sie dann wieder im sonst üblichen Zustand und ich konnte bis Lindesberg weiterfahren.

Das hat sehr viel Zeit gekostet und ich war froh, dass meine Route über eine kürzer und untergeordnete Nebenstrecke weiterging.
Die Freude war sehr kurz, denn es war ein breiter Waldweg mit extremen Steigungen - schieben war angesagt. Und es ging immer höher. Weil ich ziemlich fertig war, dachte ich, dass es eine gute Idee wäre, erst mal Mittagspause zu machen. Das fanden die Bremsen (die Viecher) auch und stürzten sich auf mich.
Also weiter - hier sollte man keine Panne oder ein dringendes Bedürfnis haben ...
Nach endlosen Bergen kam ich wieder auf die Landstraße 50. Ich war sehr froh, bis ich im strammen Gegenwind bei Regen weiter bergfahren üben durfte. Jetzt arbeitete auch noch die Natur gegen mich. Hinter jeder Kurve hoffte ich auf ein Ende der Berge. Dann eine kleine Abfahrt und ein Schild:
sieben Prozent Gefälle auf 4 km!
Wunderbar - nur leider falsch verstanden. Es ging natürlich um Steigung.
Wer auch immer als Erster "bergauf" als Synonym für was positives verwendet hat - Radfahrer war der nicht, eher Banker mit Blick auf die Börsenkurve.
Letztlich war ich sehr froh, an meinem heutigen Tagesziel in Grängesberg anzukommen. Ich übernachte heute im Wandrerhem.
Es war sehr ruhig am Rande dieses kleinen Ortes, bis eine Horde von nicht mehr so jungen Männern hier einfiel. Sie trinken viel Bier und hören sich finnisch an. Wenigstens mal keine Italiener ...

Zum Abschluss noch ein Blick in eine der sehr seltenen Raststättentoiletten, natürlich für Männer, für Frauen sieht es wahrscheinlich genauso aus. Ich war nur zum Wasser tanken drin.



Freitag, 18. Juli 2014

Örebro

18.7.2014    8.45 -16.00
Karlsborg-Örebro 101, 7 km

Zunächst ging es noch einige Zeit am Vättern und kleineren Nebenseen entlang - und ordentliche Berge waren auch dabei. Frische Brötchen habe ich gleich aus Karlsborg mitgenommen, weil mir ein Blick auf die Karte gezeigt hatte, dass ich eine größere Ortschaft erst nach etwa 40 km erreichen würde. Die Berge waren ein gutes Training für den Norden (kann ich mir doch mal bisschen schönreden). Zwischendurch gab's immer wieder schöne Blicke auf Wasser und Wald - manche werden denken: Na und, haben wir doch auch zu Hause! Aber es ist eben Schweden. 




Die Straßen waren heute ziemlich stark befahren und hatten selten breite Randstreifen. Da heißt es wieder "högschte" Konzentration. Wenn man mit dem schweren Rad in den Kiesstreifen kommt, hat man verloren und kann nur hoffen, dass man dann wenigstens Richtung Straßengraben fällt. Deshalb ist bei entgegenkommenden Reiseradlern auch nur ein kurzes Nicken drin. Immerhin waren es heute drei.
Darunter war auch der dänische Papa mit seinen Töchtern auf dem Rückweg nach Hause, die also deutlich schneller als ich waren.
Wir haben uns natürlich deutlich enthusiastischer mit Winken und Rufen gegrüßt. Den Test fürs Nordkap werden Töchter und Ausrüstung wohl bestanden haben.

Unterwegs ist mir noch ein Schild aufgefallen:




Nein, das bedeutet nicht Alkohol und Rohkost, sondern auf "deutsch" bed & breakfast.
In Bezug auf IKEA muss ich mich revidieren. Ist wohl doch keine Verschwörung.




Heute bin ich auf eine Straße geraten, die fast wie eine Autobahn aussah, allerdings nur mit einer Richtungsfahrbahn. Es waren 100 km/h erlaubt.




Umdrehen oder abfahren ging wegen vollständiger seitlicher Absperrungen nicht. Alle waren ganz lieb zu mir, keiner hat gehupt. Trotzdem war mir nicht wohl dabei.

Eigentlich wollte ich heute wieder auf einen Campingplatz, aber der einzige in der Gegend liegt weit weg und nicht in meiner Fahrtrichtung.
Deshalb habe ich nach Alternativen gesucht und ein nettes, preisgünstiges Hotel in der Innenstadt gefunden. Zum Glück, sonst hätte ich nur das hässliche Industriegebiet und nicht die schöne Innenstadt gesehen. Heute war auch hier ein schöner Sommertag und um 20 Uhr waren noch 24 Grad. Ich bin nach dem Duschen noch etwas geschlendert. Fahrradfahrer gibt es so zahlreich wie in Münster, die Innenstadt ist untertunnelt und fast autofrei. Die Stadtväter (gibt's jetzt auch Stadtmütter?) haben auch Fahrradständer aufgestellt, an dem man sieht, wie viele Fahrräder auf einen Autostellplatz passen.




Ansonsten gibt es hier zahllose Straßencafes, Straßenmusikanten, Blumenschmuck und Wasserspiele. Die Leute haben offensichtlich viel Spaß am Sommer. Irgendwie fällt mir da wieder Italien ein, nur die Architektur passt nicht.







Ich habe kurz überlegt, ob ich hier noch einen Tag dranhänge, aber Wäsche waschen und trocknen geht hier schlecht. Meine Sachen haben die zulässige und bestimmt schon von der EU vorgeschriebene Grenznutzungsdauer deutlich überschritten. Details sparen wir uns mal an dieser Stelle, immerhin dusche ich jeden Tag.
Ausserdem muss ich mal einen Tag abbummeln, sonst bin ich zu früh am Ziel.
Also vertage ich die Pause auf eine andere Etappe.
Während ich das schreibe, steppt draußen der Bär und an der Rezeption stehen Italiener ...
Na dann gute Nacht!