Sonntag, 3. August 2014

Hochsommer im hohen Norden

03.08.2014 8.15 - 16.00
Jokkmokk-Gällivare 98,2 km

Mein Zelt stand gestern einsam am See, bis gegen 20 Uhr ein VW-Bus mit großem Campinganhänger vorfuhr und sich fünf Meter neben meinem Zelt plazierte. Das fand ich nicht so schön, obwohl sich dann herausstellte, dass es eine sehr nette Familie aus Marburg war.
Die Eltern, dazu vier Jungs im Alter zwischen neun Monaten und zehn Jahren und ein großer Hund sind auf dem Weg zu den Lofoten.
Der Grill wurde ausgepackt und los ging die Bruzzelei. Mir wurde auch was angeboten, leider hatte ich mein bescheidenes Mahl schon beendet und musste dankend ablehnen.
Immerhin wurde ich Zeuge, als das kleine Kerlchen sich zum ersten Mal freihändig hinstellte.
Für heute früh wurde mir Kaffee in Aussicht gestellt, aber das konnte auch nichts werden, weil ich zeitig los wollte. Nach einer netten Unterhaltung zogen wir uns fluchtartig in unsere Behausungen zurück, um den Schwärmen von kleinen Beißfliegen zu entgehen.

Da die Sonne mein Zelt erwärmte, wachte ich noch vor dem Weckerklingeln auf. Wieder was gelernt - das Zelt muss morgens im Schatten stehen. Die Sonne geht einfach zu früh auf.
Wie vom Wetterbericht angekündigt, war es sehr warm, mittags hatten wir hier 25ºC.
Die ersten zwanzig Kilometer ging es gemächlich bergauf, dann folgte die "Schussfahrt nach San Remo" (das ist der Titel eines französischen Kultfilms aus den Siebzigern) mit 51 km/h Spitzengeschwindigkeit zu einer Talsperre.




Es kam wie es kommen musste, die nächsten zwanzig Kilometern nach Porjus ging es ordentlich bergauf.
Am Ortseingang sah ich schon von Weitem ein gewaltiges Backsteingebäude mit einer güldenen Krone oben drauf. Es sah aus wie eine Kathedrale.




Es war aber das 1915 fertig gestellte alte Wasserkraftwerk Porjus, das bis 1975 in Betrieb war und jetzt zu besichtigen ist. Ich war der einzige Gast an diesem Vormittag und die drei Servicemitarbeiter, wahrscheinlich Studenten,langweilten sich sehr. Sie wollten mich zu einer Führung überreden, aber aus Zeitgründen begnügte ich mich mit einem Rundgang durch die Ausstellung.




Einen Leitstand mit Marmorverkleidung sieht man nicht alle Tage.

Noch sechzig Kilometer waren zu fahren, also musste ich zügig weiter.
Am Straßenrand sah Tierspuren, war das etwa ein Elch?




Eher wohl doch wieder ein Rudolph. Als Fährtenleser hätte ich die Losung sehen müssen - die war nämlich im Sami-Museum ausgestellt. Egal, eine Spur ersetzt mir nicht den Anblick eines lebenden Tiers.
Als ich gerade anhielt, um ein besonders prächtiges Rentier zu fotografieren, hörte ich Stimmen hinter mir. Halluzinationen? Nein, drei Studenten aus Berlin auf dem Weg zum ... - richtig, Nordkap!
Sie wollten bei der Annäherung schon wetten, ob ich aus Deutschland wäre. Wäre aber zu einfach gewesen.




Ruckzuck waren sie wieder weg. Etwas ironisch hatten sie mir angeboten, mich doch dran zu hängen - Arroganz der Jugend!

Auch eine Baustelle hat mich heute kalt erwischt. Ich hatte schon gehofft, die gute Fee hätte mich erhört. Es waren aber nur fünf Kilometer und einigermaßen gewalzt. Das fährt sich etwa wie Kopfsteinpflaster, nur dass man noch den fliegenden Schotter durch den Autoverkehr um die Ohren gefleddert bekommt.

Die norwegischen Familie, die auf Campingstühlen neben ihrem BMW saß, hatte andere Sorgen. Sie wartete auf den Automechaniker aus Jokkmokk, der gerade gestern einen neuen Motor eingebaut hatte. Der hatte aber auch schon den Geist aufgegeben. Sie wollten eigentlich nach Hause auf die Lofoten.

In Gällivare traf ich kurz vor dem Campingplatz den ersten schwedischen Radler. Der drehte aber bloß mal eine Runde mit dem Rennrad.
Sommer und Gällivare, das passt irgendwie nicht richtig zusammen. Allen Gebäuden und Straßen sieht man an, dass sie für harte Winter gebaut sind. Die Straßen sind sehr breit, damit der Schnee Platz hat, die Dächer haben massive doppelte Schneefanggitter und die Parkplätze sind mit schweren Dächern geschützt. Überall stehen Säulen mit Steckdosen. Ich glaube nicht, dass das mit Elektomobilität zu tun hat, E-Autos habe ich hier noch nicht gesehen. Eher denke ich, dass im Winter die Autos beheizt werden oder Starthilfe brauchen.









Und trotzdem, der Wetterbericht prognostiziert für morgen 29ºC.

Wenn das so weitergeht, stehe ich im T-Shirt am Nordkap!

Ob ich weiter regelmäßig Beiträge einstellen kann, steht in den Sternen. Die Netzabdeckung ist hier schon ziemlich lückenhaft. Und WiFi gibt es auch nicht überall. Ich werde aber weiter täglich schreiben ind dann bei passender Gelegenheit publizieren.

1 Kommentar:

  1. Mit einem neuen Monate alten Baby von Deutschland zu den Lofoten? Wozu soll sowas gut sein? Aber Du kannst ja nichts dafür ... wir sind ja Deine Fans :-)
    Ob die Steckdosen für Wohnwagen oder Reisemobile gedacht sind, wenn dort im Winter irgendwelche Massen zum gemeinsamen Wintersport anreisen? Vielleicht werden wir es noch erfahren ...
    Morgen ist Montag :-(
    Gote

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